Alles hat seinen Preis by Thomas Käfer

Alles hat seinen Preis by Thomas Käfer

Autor:Thomas Käfer
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH
veröffentlicht: 2020-10-11T11:39:32+00:00


Kapitel IX

Betrug!

Zu uns kommen oft Menschen, die aufs Kreuz gelegt wurden. Oder flachgelegt, oder beides. Eine jahrelange Stammkundin, eine Blondine Ende 20, war eine ganz besondere Spezialistin: Ihre Opfer ahnten wahrscheinlich selbst dann noch nicht, wie sehr sie benutzt worden waren, als sie von ihr verlassen wurden.

Die Stammkundin hatte eine große Auswahl an Schmuck, bestehend aus verschiedenen Brillantringen, Armbändern und schweren Colliers. Sie belieh immer nur ein Stück, nie mehr auf einmal. Wenn sie zum Abholen kam, hatte sie fast immer einen anderen Mann dabei. Das letzte Mal, als ich sie sah, ging es um eine Goldkette. »Es ist so toll, dass du mir aushilfst, ich danke dir wirklich sehr«, säuselte sie ihrer Begleitung zu, einem Mann mit angegrauten Koteletten, der offensichtlich über einen dicken Geldbeutel verfügte und lautstark entgegnete, dass das »überhaupt kein Problem« für ihn sei. Er fühlte sich als Held und Retter, und alle um ihn herum durften das hören. In Wahrheit war er nur eine Nummer.

Es gibt so viele Männer, die das gar nicht realisieren. Die nicht einmal darauf kommen, dass sie die Zweiten, Dritten oder Vierten sind, die einer Frau die Brustoperation bezahlen. Dabei liegt die Wahrheit doch direkt vor ihnen. Das ist es doch, worauf sie die ganze Zeit schauen!

Natürlich würde er nach einer gewissen Zeit ahnen, dass es sich bei seiner Affäre um eine Hochstaplerin handelt. Schon allein deshalb kann diese Geschichte nicht lang dauern. Sie bleibt nur so lange intakt, wie der Mann vor Liebe blind ist. Solche Frauen schaffen es sogar, den Mann dazu zu bringen, das Abenteuer zu beenden, und ihn gleichzeitig in dem Glauben zu lassen, er hätte das aus freien Stücken getan.

Ab einem bestimmten Alter freilich muss man als attraktive Hochstaplerin umsatteln und sich eine neue Geschäftsidee ausdenken. Doch die Blondine kam über mehrere Jahre zu uns, viele Schmuckstücke wie die besagte Goldkette erhielten wir mehrmals. Wahrscheinlich hatte sie diese Kette nicht einmal selbst gekauft, sondern von Liebhaber Nummer eins geschenkt bekommen. Dann hatte sie mit ihm Schluss gemacht, brachte die Kette zu uns und bekam dafür Geld. Dann fand sie einen neuen Mann und schaffte es mithilfe von Schlafzimmer- und Hundeblick, dass er mit ins Pfandhaus kommt und ihr aus der angeblichen Patsche hilft. Dann noch ein Mann und noch einer. Sie hat also mehrfach für eine Kette Geld bekommen, die sie selbst wahrscheinlich kein einziges Mal ausgelöst hat. Das nenne ich mal eine Wertschöpfungskette!

Natürlich wird umgekehrt das weibliche Geschlecht mindestens genauso oft betrogen. Einen Typ Monaco Franze, der fiktive »ewige Stenz« aus dem uns sehr nahe gelegenen Westend, hatten wir auch in der Kartei. Wie Monaco Franze in der Fernsehserie hatte auch unser Kunde es geschafft, eine reiche Frau aus gutem Hause zu ehelichen, eine Baronin sogar. Er war zwar nicht mehr der Jüngste, aber jünger als sie, und wie solch eine Beziehung dann zustande kommt, kann man sich ja denken. Wer verliebt ist, kann oft nicht mehr klar denken, sonst wäre die Baronin aufgrund des doch zweifelhaften Rufes ihres Gatten vielleicht noch rechtzeitig zur Besinnung gekommen.



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